Schüler-Endgeräte: Häufige Fragen und Antworten
Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat am 19.6.2024 unter dem Titel "Digitale Schule der Zukunft" eine Richtlinie zur 1:1-Ausstattung mit digitalen Endgeräten von Schülerinnen und Schülern an weiterführenden Schulen veröffentlicht (vgl. Bayerisches Ministerialblatt BayMBl. 2024 Nr. 278, https://www.verkuendung-bayern.de/baymbl/2024-278 ). Hintergrund dürfte ein politisches Versprechen aus dem Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung vom 26.10.2023 sein, wonach bis spätestens 2028 alle Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden sollen (Quelle: https://www.bayern.de/staatsregierung/koalitionsvertrag-2023-2028/ ).
Erklärtes Ziel des Programmes "Digitale Schule der Zukunft" ist, dass komplette Jahrgangsstufen an weiterführenden Schulen mit persönlichen digitalen Endgeräten neu ausgestattet werden. Diese Geräte werden dabei jedoch nicht von der Schule zur Verfügung gestellt, sondern müssen grundsätzlich von den Eltern beschafft und einsatzbereit gehalten werden, sodass trotz der erwünschten Ziele für die Digitale Bildung und der staatlichen Bezuschussung für die Anschaffung einige Belastungen auf uns Eltern zukommen.
Dabei sind viele unserer Jugendlichen bereits gut digital ausgestattet. Die meisten Schülerinnen und Schüler ab 10 Jahre besitzen ein Smartphone. Nach einer Studie von 2024 der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) gaben über 89 Prozent der befragten Eltern von Schülerinnen und Schülern an einer weiterführenden Schule an, dass für ihre Kinder ein Gerät wie ein Notebook, ein Computer oder ein Tablet für das Lernen zuhause immer verfügbar ist. Für die Mehrheit der Schülerinnen dürfte das hier von den Eltern zu beschaffende Gerät also bereits das zweite oder dritte Endgerät sein, das sie besitzen.
Im Zusammenhang mit diesem Programm und auch zu "Tablet-Klassen" allgemein erreichen uns daher regelmäßig Fragen, die wir im folgenden zu beantworten versuchen.
Wie ist die Beschaffung von Schüler-Endgeräten bayernweit geregelt?
Grundsätzlich entscheiden die Schulen in Abstimmung mit deren Schulaufwandsträgern (Städte, Kommunen) frei darüber, ob und auf welche Weise digitale Endgeräte beschafft werden. Denkbar sind etwa eine Finanzierung durch die Schule/Aufwandsträger oder Sponsoring durch Spenden oder Finanzierung durch Eltern.
Aktuell greifen jedoch sehr viele Schule das Förderprogramm “Digitale Schule der Zukunft” auf, das explizit eine 1:1-Ausstattung der Schülerinnen und Schüler vorsieht, bei der Geräte durch die Eltern beschafft werden, sich im Privateigentum der Familien befinden, aber für den Unterricht genutzt und einsatzbereit gehalten werden müssen. Im Gegenzug erhalten die Familien eine finanzielle Förderung bei der Beschaffung der Geräte.
Wie ist die Beschaffung beim Programm “Digitale Schule der Zukunft” geregelt?
Anders als der Name es vielleicht vermuten lässt, befasst sich das Programm "Digitale Schule der Zukunft" primär mit dem Beschaffungsmodell der 1:1-Ausstattung mit mobilen Endgeräten. Das Modell sieht vor, dass die Schülerendgeräte grundsätzlich Privateigentum der Eltern bzw. Schüler sind und von ihnen selber beschafft und gewartet werden müssen. Im Gegenzug wird die Anschaffung staatlich bezuschusst, und die Geräte dürfen auch für private Zwecke genutzt werden (Quelle: https://www.km.bayern.de/digitale-schule-der-zukunft/erziehungsberechtigte/weiterfuehrende-schulen/geraetekauf ). Angebote und Informationen, die der digitalen Bildung allgemein dienen, sind stark an dieses spezielle Beschaffungsmodell angepasst und stehen zum Teil nur denjenigen Schulen und Eltern zur Verfügung, die dieses Modell tatsächlich wählen.
Das Beschaffungsmodell und auch das starke öffentliche Marketing, das diese elternfinanzierte 1:1-Ausstattung als notwendigen Schritt der Digitalisierung an Schulen darstellt, stellt sowohl die Schulen als die betroffenen Eltern vor erhebliche Herausforderungen. Diese dürften insbesondere für IT-Laien nicht immer ersichtlich sein. Folgekosten und Wartung müssen von den Eltern etwa alleine gestemmt werden. Von der Schule angebotene Fernwartungsdienste (Mobile Device Management, MDM) greifen in das Privateigentum ein und können erfahrungsgemäß Schwachstellen aufweisen. Die Freiwilligkeit der Gerätebeschaffung und der MDM-Integration von Privatgeräten ist nicht transparent und ausreichend verständlich geregelt. Der Datenschutz mit Blick auf die Profilbildung durch IT-Tech-Konzerne ist in sehr vielen Fällen nicht gegeben. Leittragende werden unsere Kinder sein.
Worauf sollte der Elternbeirat unbedingt achten?
Das Förderprogramm birgt zahlreiche Fallstricke:
Kosten (trotz Förderung)
Festlegung auf bestimmte Geräte-Modelle, Betriebssysteme oder Anbieter
Datenschutz
Durchführung der Beschaffung
Reparatur oder Ersatzbeschaffung bei Beschädigung oder Verlust
Wartung und Sicherheit der Geräte
Für alle diese Punkte sind letztlich die Eltern selber verantwortlich. Schulen sollen dabei unterstützen, müssen dies aber nicht. Sicherlich sind die meisten Schulen redlich bemüht, bestmöglich zu unterstützen. Häufig sind die Schulen aber gerade bei technischen Fragen auch überfordert.
Damit kommt dem Elternbeirat eine hohe Verantwortung zu, der von dem Vorhaben, an der “Digitalen Schule der Zukunft” teilzunehmen, frühzeitig informiert werden muss und mit dem die schulspezifischen “technischen Mindestkriterien” der Geräte abgestimmt werden müssen (vgl. BayMBl. 2024 Nr. 278, Absatz 6.2.1 und Absatz 6.1.4). Erschwerend kommt hinzu, dass der Kriterienkatalog, nachdem er einmal festgelegt wurde, nicht ohne weiteres wieder geändert werden kann (vgl. BayMBl. 2024 Nr. 278, Absatz 6.1.4, Satz 4).
Auf folgendes sollte der Elternbeirat aus unserer Sicht achten:
Nichts überstürzen. Auch das Ministerium berät aktuell dahingehend, bei der Einführung der 1:1-Ausstattung nichts zu überstürzen. Keine Schule ist dazu verpflichtet, eine 1:1-Ausstattung einzuführen. Für einen erfolgreichen digitalen Unterricht müssen zahlreiche technische und organisatorische Voraussetzungen erfüllt sein.
Auswahlmöglichkeiten bewahren - nicht komplette Jahrgänge umstellen. Es ist zwar an verschiedenen Stellen zu lesen, dass es Ziel sei, “komplette Jahrgangsstufen” umzustellen. Dies ist jedoch keineswegs Voraussetzung zur Teilnahme am Programm “Digitale Schule der Zukunft”. Dies hat uns das Ministerium im Gespräch bestätigt. Eine Wahlmöglichkeit für Eltern (und vielleicht auch Lehrkräfte) kann einigen “Druck aus dem Kessel nehmen”.
Wie sieht das pädagogische Konzept aus? Wie sollen die Geräte im Unterricht und zu Hause genutzt werden?
Gibt es eine funktionierende Beschränkungsstrategie, um zu verhindern, dass Kinder durch Spiele oder soziale Medien abgelenkt werden?
Welche Unterstützungsangebote seitens der Schule gibt es für die Beschaffung, Inbetriebnahme und Wartung der Geräte? Welche Unterstützung gibt es beim digital gestützten Lernen zu Hause?
Gibt es genügend Leihgeräte? Sind die tatsächlich ausleihbar und können auch zu Hause für die Hausaufgaben verwendet werden? Leihgeräte entlasten Familien, die kein eigenes Gerät anschaffen können oder wollen. Auch bei defekten Privatgeräten können kurzfristig sie als Ersatz dienen. Wichtig ist auch, dass Schülerinnen und Schüler mit Leihgerät nicht benachteiligt werden.
Wie hoch sind die Gerätekosten und welche Nutzungsdauer ist vorgesehen? Reparaturen und evtl. Neubeschaffungen bei Defekt müssen von den Eltern ohne Förderung selber getragen werden. Daran sollte gedacht werden. Bei Tablets geht das Ministerium von einer Nutzungsdauer von 3 Jahren aus (Quelle: Votum 2023/24). Andere Gerätetypen (PC, Laptop) halten in der Regel länger und sind meist besser reparierbar.
Gibt es eine Festlegung auf einen bestimmten Hersteller oder ein bestimmtes Betriebssystem? Eine Festlegung auf einen oder wenige Hersteller stellt unter Umständen Werbung für Produkte des Unternehmens dar. Aufgrund des privaten Beschaffungsmodells übt die Schule dadurch auch Einfluss auf den rein privaten Bereich der Familie aus.
Gibt es für das vorgesehene Betriebssystem eine Anleitung, wie dies datenschutzkonform eingerichtet werden kann? Als grobe Faustregel gilt derzeit insbesondere bei iPadOS, Windows, Android und ChromeOS: Wenn ein persönliches Konto beim (US-)Hersteller (z.B. Apple, Google, Microsoft) angelegt wird oder die Cloud des Herstellers verwendet wird, so ist in der Praxis mit Datenabflüssen zu rechnen, aus denen die (US-)Hersteller detaillierte Profile Ihrer Kinder erstellen können.
Gibt es eine Verpflichtung, das Gerät in ein Mobile Device Management (MDM) zu integrieren? Falls ja: Wie ist das gestaltet? Welche Möglichkeiten, welche Einschränkungen ergeben sich daraus?
Liegen alle erforderlichen Einwilligungserklärungen (z.B. zur MDM-Nutzung) vor und sind sie für Eltern verständlich formuliert? Ist sichergestellt, dass einer Schülerin / einem Schüler bei Nicht-Einwilligung keine Nachteile entstehen? Einwilligungen müssen stets freiwillig sein! Informationen zu rechtlichen Fragen stellt das Ministerium auf seinen Webseiten bereit.
Meine Schule führt in der kompletten Jahrgangsstufe meines Kindes eine 1:1-Ausstattung ein. Muss ich jetzt ein teures Gerät kaufen und einsatzbereit halten?
Das kommt auf die Schule an. Die Schule kann das nach unserem Kenntnisstand grundsätzlich verlangen, muss dies aber nicht. Eine eventuelle Verpflichtung gilt zudem nur den Kauf. Für den Betrieb sind in der Praxis aber in der Regel datenschutzrechtliche Einwilligungen erforderlich, die freiwillig im Sinne der DSGVO sein müssen. Hier dürfen Schulen nach Auffassung des BEV die Einwilligungen nicht voraussetzen, was sie jedoch - nach den Rückmeldungen, die wir von Eltern erhalten - sehr häufig tun (siehe auch Frage "Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?").
Das Ministerium verweist hier auf Art. 21 Abs. 3 BaySchFG und sieht die Geräte als sog. "nicht lernmittelfreie Lernmittel". Darunter fallen klassischerweise zum Beispiel Hefte, Stifte oder manche Bücher. Auch für digitale Endgeräte kann die Schule danach gemäß Art. 51 Abs. 4 BayEUG in Abstimmung mit dem Elternbeirat die Beschaffung durch die Eltern anordnen. Nach Absatz 6.2.2 des BayMBl. 2024 Nr. 278 seien die Eltern zwar “insbesondere über den Angebotscharakter und die Freiwilligkeit zu unterrichten”. Diese Freiwilligkeit bezieht sich jedoch nur auf die Annahme des Förderangebotes, nicht auf die Beschaffung des Gerätes allgemein.
Allerdings sind die Schulen angehalten, einen Pool an Leihgeräten bereitzuhalten für diejenigen, die an dem Förderprogramm nicht teilnehmen können oder möchten. Auch dafür stehen seitens des Freitstaates Fördermittel zur Verfügung. Das Ministerium teilte uns mündlich mit, dass es vor diesem Hintergrund hoffentlich nicht vorkomme, dass eine Schule von der Möglichkeit, die Beschaffung durch die Eltern anzuordnen, Gebrauch macht. Einen Rechtsanspruch auf ein Leihgerät gibt es jedoch nicht.
Der BEV sieht den Rückgriff auf die Regelungen zu nicht lernmittelfreien Lernmitteln sehr kritisch. Zum einen sind die Anschaffungskosten um eine Größenordnung höher als bei allen anderen Lernmitteln, die normalerweise unter diese Regelung fallen (Hefte, Stifte, Atlas). Zum anderen sind mit digitalen Endgeräten auch weitere Pflichten verbunden, die unter Umständen sehr spezielle Fachkenntnisse erfordern (Wartung, Reparaturen, sichere und datenschutzkonforme Einrichtung).
Uns sind zahlreiche Beispiele bekannt, in denen die Schule die Beschaffung als Pflicht ohne jegliche Alternative darstellt. Ebenso sind uns zahlreiche Beispiele bekannt, in denen die Schule offenbar rechtlich erforderliche Einwilligungen nicht klar kommuniziert, keine Lösung für den Fall der Nicht-Einwilligung anbietet (dem Schüler darf dadurch kein Nachteil entstehen!) oder die Einwilligung gar nicht erst einholt.
Wichtig für Elternbeiräte:
Häufig verweisen Schulen auf Vorgaben der Politik in der Art "Alle Schulen sollen digitalisiert werden", um eine Beschaffungspflicht zu begründen. Das ist so nicht richtig. Nach Aussagen, die wir vom Kultusministerium erhalten haben (und die sich auch mit der amtlichen Bekanntmachung decken), ist derzeit keine Schule dazu verpflichtet, eine 1:1-Ausstattung überhaupt einzuführen und auch nicht, die Eltern zur privaten Gerätebeschaffung zu verpflichten. Die Entscheidung darüber liegt bei jeder einzelnen Schule. Das sollten Sie bei Gesprächen mit der Schulleitung berücksichtigen.
Bei der Abstimmung sollten Sie unbedingt klären, ob genügend Leihgeräte zur Verfügung stehen (Richtwert: ca. 20%).
Habe ich eine Wahlmöglichkeit, ob mein Kind eine "Tablet-Klasse" besucht?
Ja und nein. Hier kommt es darauf an, ob die Schule komplette Jahrgangsstufen umstellt oder nur einzelne Klassen einer Jahrgangsstufe. Es ist zwar an verschiedenen Stellen zu lesen, dass es Ziel sei, “komplette Jahrgangsstufen” umzustellen. Dies ist jedoch keineswegs Voraussetzung zur Teilnahme am Programm “Digitale Schule der Zukunft”. Dies hat uns das Ministerium im Gespräch bestätigt. Es ist durchaus möglich, in einer Jahrgangsstufen parallel “Tablet“-Klassen als auch klassisch ausgestattete Klassen zu haben.
Tipp für Elternbeiräte: Sprechen Sie mit der Schulleitung und versuchen Sie zu erwirken, dass vorerst beide Klassenformen erhalten bleiben und Eltern eine Wahlmöglichkeit haben. Dies ist zwar für Schulen unter Umständen mit organisatorischem Mehraufwand verbunden. Aufgrund der hohen technischen, pädagogischen und finanziellen Herausforderungen, die für einen erfolgreichen Unterricht mit 1:1-Ausstattung gemeistert werden müssen, lässt sich auf diese Weise sicherlich einiger Frust und Unmut auf allen Seiten vermeiden.
Hat mein Kind Nachteile bei der digitalen Bildung, wenn es nicht Mitglied einer "Tablet-Klasse" ist?
Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Tablet-Klassen gibt es mittlerweile seit über 10 Jahren, und der pädagogische Nutzen wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Er hängt insbesondere stark ab von der konkreten Ausgestaltung des Unterrichts an der Schule, den technischen Gegebenheiten der Schulen (z.B. WLAN-Qualität, IT-Support) und den Medien-Kompetenzen der einzelnen Lehrkräfte.
Aus unserer Sicht benötigt gute digitale Bildung keine 1:1-Ausstattung. "Rückblickend war es eine politisch gesetzte Entscheidung, die aber von der empirischen Bildungsforschung nicht gedeckt ist: Eine 1:1-Ausstattung der Schüler bringt kaum positive Effekte auf die Lernleistungen, erhöht dafür das Ablenkungspotenzial." schreibt etwa der renomierte Schulpädagogik-Experte Klaus Zierer (Augsburger Allgemeine am 29.6.2024).
Zum Beispiel sind für das Lernen mit Sprach-KI oder das Verfassen von Texten unter Umständen reguläre PCs wegen ihrer ergonomischen Tastaturen und großen Bildschirme besser geeignet als Tablets. Auch gängige Lernmanagement-Systeme und -Apps sind in der Regel mit beliebigen Endgeräten nutzbar, die Angebote der BayernCloud Schule sowieso.
Es ist aber anzunehmen, dass an Schulen, die sowohl Tablet-Klassen als auch konventionelle Klassen anbieten, die digital affinen Lehrkräfte vorwiegend in den Tablet-Klassen unterrichten, sodass die übrigen Klassen möglicherweise weniger digitale Bildung erfahren.
Das Ministerium bietet über die Stiftung Medienpädagogik auch einige Online-Angebote zur allgemeinen Medienerziehung exklusiv für die Teilnehmenden der "Digitalen Schule der Zukunft" an. Dies sehen wir jedoch als wenig kritisch an, weil es zur Medienerziehung allgemein mittlerweile sehr viele gute Online-Angebote gibt, die frei zugänglich sind, etwa bei https://klicksafe.de . Eine Liste empfehlenswerter Angebote finden Sie unter https://bev.de/digitalisierung .
Wieviel muss ein adäquates Gerät kosten? Muss es ein iPad sein?
Nein, es muss kein iPad sein. Das Förderprogramm "Digitale Schule der Zukunft" stellt nur relativ wenige technische Anforderungen und lässt grundsätzlich eine große Bandbreite an Geräten zu. Ob teure oder eher günstige Geräte gewählt werden, liegt damit primär in der Hand der Schule, aber auch der Eltern.
Die Schule kann in Abstimmung mit dem Elternbeirat sog. "Mindestkriterien" festlegen. Diese können - je nach Schule - so eng gefasst sein, dass praktisch nur ein bestimmtes (und möglicherweise teures) Modell erlaubt ist, es kann aber auch Auswahlmöglichkeiten geben. In der Praxis dürfte es eher die Ausnahme sein, dass Eltern das Betriebssystem und den Hersteller des Gerätes frei wählen können.
Wichtig: Hier kommt dem Elternbeirat eine hohe Verantwortung zu, mit dem die sog. “technischen Mindestkriterien” abgestimmt werden müssen. Für die Gerätekosten gibt es nämlich keine generelle Obergrenze. Auch kann in den Kriterien das Betriebssystem festgelegt werden oder die Verpflichtung, dass das Gerät in ein Mobile Device Management (MDM) integriert werden muss. Letzteres erlaubt der Schule bzw. deren Dienstleister, die Administration der Geräte ferngesteuert durchzuführen. Das entlastet die Eltern, die allerdings dann auch keine vollständige Kontrolle mehr über ihr privates Geräte haben.
Tipp für Elternbeiräte: Sprechen Sie aktiv ihre Schule an, gezielt darauf zu achten, dass sowohl private Bestandsgeräte als auch besonders günstige Endgeräte unter 400 Euro bei der 1:1-Ausstattung in Betracht gezogen werden. Weisen Sie darauf hin, dass speziell zu Schuljahresanfang die Kosten für Schulmaterial hoch sind. Insbesondere wenn mehrere Schulkinder im Haushalt leben. Durch verstärkte Nutzung der BayernCloud Schule und freier Software muss es nicht unbedingt ein Hochleistungsgerät der neueste Generation sein. Auch eine Festlegung auf einen bestimmten Hersteller oder ein bestimmtes Betriebssystem sollte aus Gründen der Wettbewerbsneutralität unterbleiben.
Was ist zu tun, wenn sich Eltern die übersteigenden Kosten nicht leisten können?
Für finanziell unterstützungsbedürftige Familien stehen verschiedene Lösungen zur passgenauen Auswahl vor Ort zur Verfügung, z. B. Ratenzahlungsmodelle, die Kombination der Förderung mit SGB II-Leistungen, anderen Förderungen (z. B. Förderverein der Schule) oder der Rückgriff auf den Leihgeräte-Pool der Schule. Leasing wird nicht bezuschusst. (Quelle: https://www.km.bayern.de/digitale-schule-der-zukunft/erziehungsberechtigte/weiterfuehrende-schulen/geraetekauf, Stand 24.5.2024)
Einen Rückgriff auf Ratenzahlungsmodelle sieht der BEV sehr kritisch. Zum einen verursachen die zu zahlenden Zinsen zusätzliche Kosten. Zum anderen verschärfen neue monatliche Zahlungsverpflichtungen gerade bei finanziell schwach aufgestellten Familien die Lage noch zusätzlich und führen nicht selten in die Schulden-Falle.
Ich nutze seit Jahren Linux/macOS/Windows/Android ohne Google-Bindung und bin sehr zufrieden damit. Kann ich das mir vertraute Betriebssystem auch auf dem Schülergerät verwenden?
Nein, gerade für freie Betriebssysteme und nachhaltige Hardware bietet das Programm wenig Raum.
Die Schule kann für die Geräte sog. "Mindestkriterien" vorgeben und darin explizit auch das Betriebssystem und dessen Version vorschreiben. Es ist auch nachvollziehbar, dass eine einheitliche Ausstattung den Unterrichtsalltag erheblich erleichtert und die Lehrkräfte bei technischen Problemen am besten helfen können, wenn sie das Gerät und Betriebssystem kennen.
Datensparsame Betriebssysteme wie Linux oder Android ohne Google-Bindung werden in den Handreichungen des ISB nicht erwähnt, sondern lediglich kommerzielle Betriebssysteme und Konfigurationen, die bekanntermaßen laufend Nutzungsdaten an ihre Hersteller übermitteln (siehe auch "Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?"). Da Schulen zum Teil auf Handreichungen des Ministeriums und des ISB angewiesen sind, dürften freie Betriebssysteme deshalb kaum unterstützt werden, obwohl das aus pädagogischen, Nachhaltigkeits-, und Kosten-Gründen sicher sinnvoll wäre.
Der BEV sieht dies kritisch. Die Geräte sind de facto Werbeträger für die Hersteller der Geräte und Betriebssysteme. Und die Schülerinnen und Schüler befinden sich in einem Alter, in dem die Eindrücke prägend für den Rest ihres Lebens sind. Nicht allen Eltern dürfte es gefallen, wenn sie von ihrem eigenen Geld beschaffen soll, die unter Umständen nicht nur teuer, sondern auch Musterbeispiele für mangelnde Reparierbarkeit sind, oder wenn ihr Betriebssystem laufend detaillierte Nutzungsdaten den Hersteller in die USA schickt.
Wer ist für die Wartung zuständig?
Für Wartung, Installation und Sicherheitsupdates sind grundsätzlich die Eltern verantwortlich.
Das kann eine große Belastung sein, insbesondere für IT-Laien. Denn während man es im privaten Bereich vielleicht verschmerzen kann, wenn eine App mal nicht richtig funktioniert, müssen die Schülergeräte an jedem Schultag einwandfrei funktionieren.
Deshalb gehen einige Schulen dazu über, die Geräte mit einem sog. Mobile Device Management (MDM) von einen Dienstleister fernwarten zu lassen. Damit verlieren jedoch die Eltern/Schüler zum Teil die Kontrolle über das Gerät, das ja ihr Privateigentum ist.
Hier sollte bei der Schule nachgefragt werden, ob ein MDM zum Einsatz kommt.
Dass auch ein MDM nicht vor massivem Datenverlust schützt, zeigt ein Vorfall aus NRW, bei dem aufgrund eines Fehlers beim Dienstleister bei zahlreichen Schülerinnen und Schülern ein Großteil ihrer digitale Notizen und Lernunterlagen verschwunden waren. (Quelle: https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/koblenz-schul-app-panne-abiturienten-verlieren-unterrichtsnotizen-100.html )
Was ist zu tun, wenn Eltern zu wenige IT-Kenntnisse haben, um die Wartung durchzuführen?
Hier sollten Sie vorher bei der Schule nachfragen, an wen Sie sich bei Problemen wenden können und ob ein MDM zum Einsatz kommt.
Wer ist für Reparaturen zuständig? Wer für Verlust?
Hierfür sind alleine die Eltern verantwortlich.
Kosten für eventuelle Reparaturen oder Ersatzbeschaffungen bei Verlust müssen Eltern komplett selber tragen. Manche Händler bieten eine Versicherung gegen Reparaturkosten an, die von den Erziehungsberechtigten auf eigene Kosten abgeschlossen werden kann.
Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Wir gehen davon aus, dass ein Schutz der personenbezogenen Daten der Kinder im Sinne der DSGVO in der Regel nicht gegeben ist.
Die aktuellen Empfehlungen der ALP Dillingen (Quelle: https://schulnetz.alp.dillingen.de/dsdz.php , letzter Abruf am 18.10.2024) gehen bereits nur auf Betriebssysteme ein, in den Standard-Einstellungen laufend personenbezogene Daten an ihre Hersteller übertragen (Windows, iPadOS, macOS, ChromeOS, Android). Dies zu unterbinden erfordert z.T. sehr gute IT-Fachkenntnisse (vgl. etwa https://glm.io/166965 für Windows). Die Empfehlungen enthalten keinerlei Hinweise darauf und geben auch keinerlei Hilfestellungen etwa zum Einsatz von freien Betriebssystemen wie Linux.
Das Perfide: Für die Datenübermittlungen durch das Betriebssystem oder vorinstallierte Programme dürfte die Schule sich nicht verantwortlich sehen, weil die Geräte ja Privatgeräte sind. Oft geben Betriebssysteme ihre Nutzungsbedingungen erst beim Einrichten der Geräte aus und fordern dann eine Einwilligung. Eine Nicht-Einwilligung führt dann unter Umständen dazu, dass das Geräte nicht verwendet werden kann.
Für einige Dienste oder Lernplattformen wird die Schule Ihnen möglicherweise eine Einwilligungserklärung zur Unterschrift vorlegen, mit der Sie gemäß Art. 6, (1) a) DSGVO der laufenden Übermittlung personenbezogener Daten an die Hersteller zustimmen. Eine solche Einwilligung sollten Sie unbedingt aufmerksam lesen und im Zweifel nachfragen! Eine solche Erklärung muss verständlich formuliert sein, auch das ist eine Anforderung der DSGVO.
Wichtig: Eine datenschutzrechtliche Einwilligung kommt als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten nur in Betracht, wenn die betroffene Person eine wirkliche Wahl hat, also echte Alternativen bestehen. Das Ausbleiben einer datenschutzrechtlichen Einwilligung muss die Schule akzeptieren. Auch dürfen Sie eine erteilte Einwilligung jederzeit für die Zukunft widerrufen. (Quelle u.a.: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVV_204_K_13178/ )
Wie es funktionieren soll, dass einerseits komplette Klassen oder sogar Jahrgänge mit solchen Geräten arbeiten sollen und andererseits dazu aber freiwillige Einwilligungen notwendig sind, erschließt sich uns nicht. Deshalb müssen wir davon ausgehen, dass hier möglicherweise mehrfach gegen den DSGVO-Grundsatz der Freiwilligkeit von Einwilligungen verstoßen wird (vgl. DSGVO, Art. 7 und Erwägungsgrund 43).
Tipp für Eltern: Klären Sie vor dem Kauf eines Gerätes, welche Einwilligungen zu dessen Nutzung abgegeben werden müssen.
Reicht ein Tablet für die ganze Schulzeit?
Das Ministerium geht bei Tablets von einer Nutzungsdauer von ca. 3 Jahren, bei Notebooks von ca. 5 Jahren aus (Quelle: Votum 2023/24, https://mebis.bycs.de/beitrag/votum). Das Förderprogramm erlaubt die Beschaffung von bis zu zwei geförderten Geräten während der gesamten Schulzeit. Nach 3-4 Jahren Nutzung ist eine zweite bezuschusste Beschaffung grundsätzlich möglich (vgl. BayMBl. 2024 Nr. 278, Absatz 7.4).
Wir halten eine Nutzungsdauer von über 3 Jahren bei täglicher Nutzung im harten Schulalltag und angesichts des schnellen technologischen Wandels für möglich, aber optimistisch. Alleine die in mobilen Geräten typischerweise verbauten Lithium-Ionen-Akkus verlieren in diesem Zeitraum einen erheblichen Teil ihrer Kapazität.
Es liegt in der Zuständigkeit der Schule, die Geräte so auszuwählen, dass sie auch bei alltäglicher Nutzung ausreichend lange halten und Software-Updates zur Verfügung stehen. Der Akku sollten kostengünstig wechselbar sein.
Inwieweit darf ich das Gerät privat nutzen (Speicherplatz für Apps reicht bei Installation von Spielen / Videos vielleicht nicht aus...)?
Auch wenn die private Nutzung grundsätzlich erlaubt ist, unterliegt sie in der Praxis einigen Einschränkungen.
Zum einen können nicht nach Belieben eigene Apps installiert werden, wenn ein MDM im Einsatz ist oder die Schule das Betriebssystem vorgibt. Ob ausreichend Speicherplatz vorhanden wäre, spielt da gar keine Rolle.
Zum anderen dürfte nur in den seltensten Fällen eine saubere Trennung von privaten und schulischen Daten realisierbar sein, sodass zum Beispiel Lehrkräfte - gewollt oder ungewollt - Einblicke in private Dateien oder Browser-Verläufe erhalten.
Wo und wie werden die Daten gesichert?
Dass ein solides Konzept zur Datensicherung unverzichtbar ist, zeigt zum Beispiel ein Vorfall im November 2023, bei dem an zwei Gymnasium in Koblenz plötzlich bei zahlreichen Schülerinnen und Schülern ein Großteil ihrer digitalen Notizen und Lernunterlagen verschwunden waren, die sie dringend für die anstehenden Abiturprüfungen benötigt hätten. (Quelle: https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/koblenz-schul-app-panne-abiturienten-verlieren-unterrichtsnotizen-100.html )
Datensicherung sollte aus Sicht des BEV eigentlich durch die jeweilige Schule bzw. dessen Dienstleister erfolgen.
Bemerkenswert in dem o.g. Fall aus Koblenz: Der Schulaufwandsträger hat offenbar bewusst keine Backups durchgeführt, weil das mit der eingesetzten Software gar nicht datenschutzkonform möglich war. Stattdessen verwies sie darauf, dass die Schülerinnen und Schüler selber regelmäßig Sicherungen durchführen sollten, was wiederum bei den eingesetzten iPads, an die man keine USB-Sticks anschließen kann, unter Umständen nicht ganz einfach ist.
Deshalb ist es wichtig, dass man vorher bei der Schule nachfragt,
ob eine Datensicherung zentral erfolgt,
ob diese Sicherung datenschutzkonform erfolgt und an welche Stellen evtl. auch die privaten Daten dabei übertragen werden,
falls keine zentrale Sicherung erfolgt, wie die Schülerinnen und Schüler angeleitet werden, regelmäßig selber Sicherungen durchzuführen.
Wie wird verhindert, dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht und während der Hausaufgaben übermäßig chatten, spielen, Social Media benutzen oder illegale Inhalte tauschen?
Chat- und Social-Media-Apps lassen sich grundsätzlich auf den meisten Geräten genauso installieren wie auf dem Smartphone. Anders als das Smartphone kann man jedoch das Schul-Tablet nicht während der Hausaufgaben aus dem Kinderzimmer verbannen, da es dafür nötig sein kann (z.B. eBooks).
Hier liegt eine hohe Verantwortung bei der Schule bzw. deren Lehrkräften, die diesbezüglich aber auch sensibilisiert und geschult sein dürften. Auch veröffentlicht das Ministerium Hinweise und Empfehlungen zu einer sicheren Grundkonfiguration, um evtl. störende Dienste wie herstellereigene Messenger zu deaktivieren (vgl. etwa: https://www.km.bayern.de/gestalten/digitalisierung/datensicherheit/mobile-device-management#konfiguration, Abruf am 7.6.2024).
Im häuslichen Bereich können in der Praxis nur die Eltern kontrollieren, ob das Gerät sinnvoll genutzt wird. Hier hilft es, ähnlich wie beim Smartphone, Spielregeln zu vereinbaren, z.B. über einen Mediennutzungsvertrag (vgl. https://bev.de/digitalisierung ).
Ersetzen die Tablets sämtliche schriftliche Notizen - Hausaufgabenheft, Mitschriften, Arbeitsblätter, ...?
Das hängt von der Schule und den einzelnen Lehrkräften ab. Gut geschult sollten die Lehrkräfte die klassischen und digitalen Medien so einsetzen, wie es für den Unterricht ideal ist.
Einige Schulen gestalten den Unterricht als "Tablet-gestützten Unterricht" zunächst so, dass das Tablet nur punktuell eingesetzt wird und alles andere zunächst beim Alten bleibt. Damit erfolgt der Umstieg zum rein digitalen Arbeiten sukzessive.
Beim digitalen Lernen und Arbeiten ist einiges etwas anders als beim klassischen Arbeiten mit Papier, Heft und Stift. Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Auf lange Sicht kommen die Vorteile eine "digitalen Büros" nur dann richtig zur Geltung kommen, wenn nicht zusätzlich noch klassische Mitschriften parallel mitgeführt werden.
Wie können Eltern einfach nachvollziehen, was im Unterricht läuft (klassisch: Blick ins Hausaufgabenheft)?
Wie auch beim Blick ins Hausaufgabenheft sollten Sie sich gelegentlich einen Blick in das Gerät Ihres Kindes erlauben und im Zweifel erklären lassen, wo welche Informationen zu finden sind.