Stellungnahme des BEV zum Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern

Erstellt von Martin Löwe | | Stellungnahme

Stellungnahme des Bayerischen Elternverbands zum Gesetzentwurf zur Förderung der Bundeswehr in Bayern vom 15. März 2024

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Bayerische Elternverband bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme, bei der wir uns entsprechend unseren Kompetenzen auf die Bewertung des § 2 des Gesetzentwurfs beschränken.


Conclusio:

§ 2, die Anfügung eines Abs. 6 zum Art. 2 BayEUG, ist zu streichen.


Begründung:

Der Bayerische Elternverband sieht die Zusammenarbeit der Schulen mit der Bundeswehr grundsätzlich positiv. Diese ist bereits mit den bestehenden Regelungen unkompliziert und vollumfänglich möglich.

Gemäß Art. 2 Abs. 5 BayEUG werden Jugendoffiziere der Bundeswehr regelmäßig im Rahmen der Politischen Bildung von den Schulen eingebunden. Das „Gesamtkonzept für die Politische Bildung an bayerischen Schulen“ von 2019, das einen verbindlichen Rahmen für die Umsetzung der Politischen Bildung an den Schulen in Bayern vorgibt, hebt die Jugendoffiziere der Bundeswehr als externe Partner für Schulen auf Seite 29 ausdrücklich hervor: „Die Jugendoffiziere der Bundeswehr stehen als Referenten für Sicherheitspolitik (z. B. Friedenssicherung, Krisenbewältigung) zur Verfügung. Grundlage und Auftrag für deren Tätigkeit an Schulen in Bayern stellt die im Juni 2010 geschlossene Kooperationsvereinbarung des Kultusministeriums mit der Bundeswehr dar.“ Im Gesamtkonzept wird auch klargestellt, dass der Beutelsbacher Konsens (Überwältigungsverbot, Kontroversitätsgebot, Schülerorientierung) als zentraler Maßstab für den politisch bildenden Unterricht gilt (vgl. ebd. Seite 14). Gemäß Art. 2 Abs. 5 BayEUG sind Jugendoffiziere der Bundeswehr also ein Kooperationspartner von vielen, sodass sich den Schulen zahlreiche Alternativen bieten, externe Fachleute in den Unterricht einzubeziehen, womit dem Neutralitätsgebot Rechnung getragen wird. Die konkrete Ausgestaltung der Politischen Bildung etwa in Form von Projekten oder externen Partnerschaften liegt grundsätzlich in der Eigenverantwortung der Schulen und Lehrkräfte. Der Bayerische Elternverband sieht diese pädagogische Freiheit als Voraussetzung für ein wertebewusstes und individuell auf die Situation der Lerngruppe ausgerichtetes Lernen.

Durch die Einfügung des Abs. 6 Satz 1 in Art. 2 BayEUG würden durch ihre explizite Nennung die Jugendoffiziere der Bundeswehr aus dem Kreis der Kooperationspartner herausgehoben. Unserer Auffassung nach widerspräche dies dem Neutralitätsgebot. Wir sehen einen möglichen Widerspruch zu Art. 84 Abs. 2 BayEUG. Zudem würde durch den Gesetzesrang dieser Nennung als „Aufgabe der Schule“ die Zusammenarbeit mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr verpflichtend für die Schule, somit die pädagogische Freiheit der Schule bzw. der Lehrkraft eingeschränkt und die jetzt klare Zuständigkeit der Lehrkraft gem. §§ 2, 3 und 5 LDO aufgeweicht. Auch die Grundsätze der Politischen Bildung würden nachrangig und ggf. nicht mehr maßgeblich.

Bereits jetzt können die Karriereberater der Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben im Rahmen des im LehrplanPLUS verankerten fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziels „Berufs- und Studienorientierung“ von den Schulen in die Beratung der Schülerinnen und Schüler über das breite Angebot beruflicher Wege einbezogen werden. In diesem Zusammenhang können sie z. B. über Berufs- und Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr informieren.

Die Einfügung des Abs. 6 Satz 2 in Art. 2 BayEUG ist somit aus unserer Sicht nicht nur nicht notwendig, sondern verursacht die gleichen Bedenken wie bereits zu Satz 1 geäußert.


Fazit:

Auch wenn der Bayerische Elternverband das Grundanliegen des Gesetzes, die Stärkung der Bundeswehr, dem Grunde nach begrüßt, darf diesem Ziel nicht der Grundsatz der weltanschaulichen Neutralität der bayerischen Schulen sowie der Souveränität der Lehrkraft als Fachkraft für das Lernen geopfert werden.

Somit ist eine Ergänzung des Art. 2 BayEUG gemäß § 2 des Gesetzes zur Förderung der Bundeswehr in Bayern abzulehnen. Zur Stärkung der Präsenz der Bundeswehr in den Schulen – sowohl im Rahmen der Politischen Bildung wie auch der beruflichen Orientierung – würde unseres Erachtens ein ggf. auch regelmäßiger kultusministerieller Hinweis auf die Möglichkeit des Einbezugs der Jugendoffiziere sowie der Karriereberater der Bundeswehr als externe Partner ausreichen.

Für Rückfragen oder weitere Beratung stehen wir gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen
Martin Löwe, Landesvorsitzender


Hintergrund:

Die Bayerische Staatskanzlei teilte uns Folgendes mit:

"Der russische Überfall auf die Ukraine und zuletzt die Kämpfe in Israel und Palästina haben die Sicherheitslage in Europa grundlegend verändert. Die Bundeswehr ist herausgefordert, die Einsatzbereitschaft zur Landes- und Bündnisverteidigung wiederherzustellen. Dazu bedarf es zahlreicher Veränderungen in der Bundeswehr selbst, aber auch in Bereichen staatlichen Handelns außerhalb der Bundeswehr, auf Bundes- wie auf Länderebene.

Mit dem Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern werden landesrechtliche Regelungen angepasst, um den ungehinderten Zugang der Bundeswehr zu Forschung und Entwicklung an Hochschulen sicherzustellen, ihren Zutritt zu Schulen zu erleichtern und den Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes in der Raumordnung Rechnung zu tragen. Zudem soll das militärische Bauen erleichtert werden, um den baulichen Investitionsstau beim Bund schneller und leichter abbauen zu können."


In dem Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern soll u. a. in § 2 dem Art. 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) folgender Abs. 6 angefügt werden:

(6) 1Die Schulen arbeiten mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr im Rahmen der politischen Bildung zusammen. 2Die Karriereberater der Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben dürfen im Rahmen schulischer Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung über Berufs- und Einsatzmöglichkeiten in ihrem Bereich informieren.


In der Begründung heißt es dazu:

"Neben den staatlichen Stellen dürfen und sollen Einrichtungen der Bundeswehr sowie Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (sog. Blaulichtorganisationen) einen Beitrag zur Information der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf Verteidigung und Zivilschutz leisten und auch über Berufswege innerhalb dieser Einrichtungen informieren dürfen.

Durch die Anfügung eines Art. 2 Abs. 6 BayEUG wird die bisherige Einbindung der verschiedenen Einrichtungen und Behörden im Rahmen der Öffnung der Schulen gegenüber ihrem Umfeld nach Art. 2 Abs. 5 BayEUG auf Gesetzesebene verankert und deren Bedeutung nochmals hervorgehoben.

Nach Satz 1 arbeiten die Schulen dabei mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr im Rahmen der politischen Bildung zusammen. Sie treten weiterhin im Rahmen ihrer seit 1958 bestehenden Tätigkeit als Referentinnen und Referenten in Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik an allen Schulen auf. Die Vermittlung der internationalen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen, die auch für Deutschlands Sicherheit und Wohlergehen entscheidend sind, und die daraus für die Politik folgenden Konsequenzen sind dabei wichtige Kenntnisse, um als mündiger Bürger politische Entscheidungen bewerten oder selbst fällen zu können. Die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Bundeswehr im Rahmen der Politischen Bildung ist durch eine Kooperationsvereinbarung geregelt.

Nach Satz 2 dürfen – neben der Zusammenarbeit im Rahmen der politischen Bildung nach Satz 1 - auch Karriereberater der Bundeswehr, aber auch Karriereberater oder Personen mit vergleichbaren Funktionen anderer Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben im Rahmen schulischer Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung über Berufs- und Einsatzmöglichkeiten in ihrem Bereich informieren, etwa in Abschlussklassen. Dadurch soll dazu beigetragen werden, dass die Bundeswehr sowie die anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben dauerhaft ihre Aufgaben erfüllen können."