Die bayerische Inklusion ist ein Zwei-Klassen-Modell

Erstellt von Henrike Paede | | Information

Schulische Inklusion eines Kindes mit Einschränkungen funktioniert nur, wenn die Eltern in die Hand nehmen, was eigentlich die Schule und das Schulsystem zu tun hätten. Das ist die Quintessenz des Artikels "Die Förderung muss zum Kind kommen - nicht umgekehrt" vom 12. Februar 2023, in dem die Süddeutsche Zeitung über die 21. Sitzung der Kinderkommission berichtete.

"Wer als Mutter oder Vater für sein Kind Inklusion will, hat keinerlei Chance, seinen Beruf vollständig auszuüben", so Henrike Paede, stellvertretende Landesvorsitzende des Bayerischen Elternverbands und Leiterin des Sachgebiets Inklusion. "Das können sich nur Eltern mit Zeit und Geld leisten, außerdem müssen sie gut Deutsch, besser: Behördendeutsch sprechen. Von einem diskriminierungsfreien Zugang zu inklusiver Bildung sind wir in Bayern 14 Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention weit entfernt."

Dieser in weiten Teilen Deutschlands herrschende Zustand veranlasste im vergangenen Dezember die Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes zu der weitreichenden Forderung, Förderschulen abzuschaffen und deren Ressourcen in die allgemeinen Schulen zu verlagern. Irgendwelche Reaktionen der für Inklusion Verantwortlichen in Bayern konnte der Bayerische Elternverband nicht registrieren.

"Wir vermissen Zeichen, dass die Probleme erkannt und endlich in die Hand genommen werden," so Paede. "Offenbar will man sich das leidige Problem vom Hals halten: Der Landtag hat unlängst eine Petition des Forums Bildungspolitik in Bayern nach einem Stufenplan für den Ausbau der Inklusion abgelehnt. Von der Inklusionsbeauftragten des Kultusministeriums war und ist weit und breit nichts zu hören, niemand weiß, was sie eigentlich macht. Es werden munter weitere Förderschulen gebaut, und selbst Inklusionsberatungsstellen empfehlen Kindern mit Beeinträchtigungen den Besuch von Förderschulen." Damit führe sich die bayerische Version der Inklusion selbst ad absurdum.

In Bayern ist Inklusion seit 2011 im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz verankert. Doch das Deutlichste, was sich seitdem verändert hat, ist ein ungeplanter Nebeneffekt: eine Vermehrung sonderpädagogischer Förderbedarfe - mit dem Ergebnis, dass sich die Anzahl der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen nicht verändert hat, während zusätzlich etwa ebenso viele "Inklusionskinder" an den allgemeinen Schulen aufgetaucht sind.

"Was uns fehlt, ist eine strukturelle Antwort auf die Anforderungen der Inklusion. Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf brauchen, ebenso wie die ebenfalls benachteiligten Kinder aus bildungsfernen, armen und Zuwandererfamilien, eine Schule, die sich an Stärken orientiert und nicht nach Schwächen aussiebt. Davon profitieren alle Kinder, auch besonders leistungsstarke. Konsequenterweise verzichtet eine solche Schule viele Jahre auf Noten, Sitzenbleiben und Separation nach angeblicher Leistungsfähigkeit. Wir unterstützen daher die Forderung des Bündnisses Gemeinschaftsschule Bayern nach Einführung der zusätzlichen Schulart Gemeinschaftsschule".


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Der Bayerische Elternverband steht allen Eltern in Bayern offen. Er ist gemeinnützig und an keine Konfession, politische Partei oder Schulart gebunden.

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Henrike Paede
Stellvertretende Landesvorsitzende
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