Das Übertrittszeugnis abschaffen!

Erstellt von Martin Löwe |

Um auf eine Realschule oder ein Gymnasium übertreten zu können, brauchen Kinder nach den geltenden Bestimmungen nur eines: gute Noten in drei für besonders wichtig erachteten Fächern. Diese Noten besitzen allerdings nur eine geringe Aussagekraft. Sie geben lediglich Auskunft darüber, welche Leistungen ein Schüler zu wenigen ausgewählten Zeitpunkten im Vergleich zu seinen Klassenkameraden erbracht hat. Für ein erfolgreiches Durchlaufen der Realschule oder des Gymnasiums müssen jedoch Fragen nach besonderen Eigenschaften des Kindes gestellt werden. Wie ist sein Sozialverhalten? Wie groß sind seine Wissbegier und seine Neugier? Welche Neigungen und besonderen Interessen hat es? Über diese nicht weniger bedeutsamen Faktoren schweigt sich das Übertrittszeugnis allerdings aus.

Zudem ist bekannt, dass Noten keineswegs objektiv sind, sondern in erschreckend hohem Maß der subjektiven Einschätzung von Lehrern unterliegen, die von Faktoren wie Geschlecht über den familiären Hintergrund bis zum Vornamen der Kinder beeinflusst werden. Welchen Sinn hat unter diesen Umständen ein Übertrittszeugnis? Bloße Noten könnten ebenso gut durch das Zwischenzeugnis nachgewiesen werden, was den Schulen einiges an Arbeit ersparen würde. Die Arbeitsersparnis wäre besser in guten Unterricht investiert.

Der Bayerische Elternverband hält es für grundfalsch, den Übertritt ausschließlich auf der Basis von Noten zu reglementieren. Zu viele nicht erkannte Talente bleiben dabei auf der Strecke. Die Fixierung auf möglichst gute Noten veranlasst Kinder sogar, ihre Begabungen und Talente zu unterdrücken, wenn diese nicht dazu dienen, die Erwartungen der Lehrkraft respektive des Lehrplans zu erfüllen.

Das Übertrittszeugnis verleitet selbst Eltern, mehr auf Noten denn auf die Begabungen und Bedürfnisse ihres Kindes zu schauen. Der hierdurch entstehende Druck führt oft zu einem Verlust der Lust am Lernen und zu einem jahrelangen Leidensweg der Kinder. Damit Wissbegier nicht durch Notendruck vernichtet wird, wäre es besser, wenn Eltern ihr durch das Grundgesetz garantiertes Erziehungsrecht wahrnehmen und nach Beratung durch die Lehrkräfte entscheiden dürften, welche weiterführende Schule ihr Kind besucht.

Noch besser für die Kinder wäre ein Schulsystem, das einen Übertritt gar nicht erst benötigt, weil es anerkennt, dass jedes Kind ein individuelles Lerntempo besitzt, und Kindern bei individueller Förderung das gemeinsame Lernen bis zu dem für sie optimalen Abschluss ermöglicht.