Das bayerische Übertrittsmärchen

Erstellt von Martin Löwe |

Der Bayerische Elternverband (BEV) hält die Aussagen des Bildungsministeriums zum Übertritt für Schönfärberei.

Zur PM 124/2015 des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) vom 17. April 2015 nimmt der BEV wie folgt Stellung:

StMBW: Die Übertrittsempfehlung der Grundschullehrkräfte dient Eltern und Schülern als wichtige Hilfe für ihre Entscheidung bei der Wahl der weiterführenden Schule nach der Grundschule.

BEV: Von einer Empfehlung, nach der Eltern sich richten würden, kann in Bayern keine Rede sein. Beim Übertritt kommt es ausschließlich auf die Noten an. Das Übertrittszeugnis stellt zwar fest, für welche Schulart das Kind geeignet ist. Diese Feststellung orientiert sich aber allein an den Noten.

StMBW: Überwiegende Mehrheit der Eltern hält Übertrittsempfehlung für sinnvoll

BEV: Die meisten Eltern halten es für sinnvoll, dass seit einigen Jahren jedes Kind in der 4. Klasse automatisch ein Übertrittszeugnis erhält. Früher mussten die Eltern das Zeugnis beantragen. Wer das nicht wusste, musste sein Kind auf die Hauptschule schicken. Bei Eltern, die das bayerische Schulsystem nicht kannten, das betraf vor allem Eltern mit Migrationshintergrund, passierte das nicht selten. Insofern ist die jetzige Regelung besser.

StMBW: Elternverantwortung beim Übertrittsverfahren seit 2009 gestärkt

BEV: Die Verantwortung der Eltern beim Übertritt wurde im Jahr 2009 minimal gestärkt. Was vorher nur für den Zugang zur Realschule galt, gilt seit 2009 auch für den Zugang zum Gymnasium: Hat das Kind im Probeunterricht zweimal eine Vier, hat es zwar nicht bestanden, darf aber, wenn die Eltern das wollen, trotzdem aufs Gymnasium.


Das Ministerium glaubt, man könne an den Noten erkennen, für welchen Bildungsweg zehnjährige Kinder geeignet seien. Und weil man das bei Zehnjährigen eben nicht kann, werden immer mehr Verzweigungen in das bayerische Schulsystem eingeflickt, das nennt man im Ministerium Durchlässigkeit. Für Eltern und Schüler wird diese scheinbare Durchlässigkeit eher zur Undurchsichtigkeit. Und weil Eltern nur das Beste für ihre Kinder wollen, gehen sie auf Nummer sicher und versuchen ihrem Kind den höchst möglichen Bildungsabschluss zu ermöglichen, hierfür gilt der Weg aufs Gymnasium immer noch als erste Wahl.

Die vielen Flickschustereien am bayerischen Bildungssystem haben bisher nicht vermocht, den unsäglichen Druck, der auf Dritt- und Viertklässlern lastet, abzumildern. Dieser Druck führt oft zu einem Verlust der Lust am Lernen und zu einem jahrelangen Leidensweg der Schülerinnen und Schüler. „Damit Kinder wieder Kinder und Lehrer wieder Lehrer sein können, damit Wissbegier nicht durch Notendruck vernichtet wird, müssen Eltern ihr durch das Grundgesetz garantiertes Erziehungsrecht wahrnehmen und in Zukunft nach Beratung durch die Lehrkräfte entscheiden dürfen, welche weiterführende Schule ihr Kind besucht“, fordert Martin Löwe, der Landesvorsitzende des BEV.


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Der Bayerische Elternverband ist der Verband für alle Eltern in Bayern. Er ist gemeinnützig und an keine Konfession, politische Partei oder Schulart gebunden.

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Martin Löwe
Landesvorsitzender Bayerischer Elternverband e.V.
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