Bayerischer Elternverband zum Zeugnistag: Noten sind ungerecht – so ungerecht wie das Schulsystem selbst

Erstellt von Henrike Paede | | Information

Morgen ist es wieder so weit: es gibt Jahreszeugnisse und alle appellieren an die Eltern, ihre Kinder nicht für schlechte Noten zu bestrafen. Der Bayerische Elternverband (BEV) sieht die Ursachen, die zu schlechten Noten führen, nicht bei den Kindern, sondern in einem überholten Lern- und Leistungssystem. „Zudem führt der durch Lehrermangel verursachte schulindividuelle Unterrichtsausfall die vom Kultusministerium viel gepriesene Vergleichbarkeit und Objektivität von Noten gänzlich ad absurdum. Dieses Bewertungssystem muss dringend an die Erfordernisse der Gegenwart angepasst werden“, mahnt Martin Löwe, der Landesvorsitzende des BEV.

Schule soll unsere Kinder auf ein lebenslanges Lernen vorbereiten. Hierzu müssen Techniken und vor allem Spaß am Lernen vermittelt werden. Pädagogik und Didaktik liefern gute Ansätze, das Benotungssystem wirkt diesen jedoch entgegen. „Über Leistung und Begabung eines Kindes sagen Noten wenig“, stellt Löwe fest. „Noten zeigen nur, wie ein Kind beim Vergleich mit seinen Klassenkameraden abschneidet. Sie zeigen nicht, was ein Kind kann und erst recht nicht, wie es sich entwickelt hat.“ Noten seien weder objektiv noch könnten sie den Lernfortschritt belegen. Ein Kind, das statt 30 Fehlern nur noch 15 mache, habe enorm dazugelernt, aber immer noch eine Sechs. „Ein solches Bewertungssystem kann man doch nicht ernst nehmen!“, sagt Löwe.

Ebenso sei das Sitzenbleiben falsch. Es diene nachweislich nicht zur Leistungsverbesserung und sei volkswirtschaftlicher Unsinn. „Was nützt es dem Schüler, zehn Fächer, in denen seine Leistung ordentlich war, noch einmal ein ganzes Jahr lang durchzukauen, nur weil er in Geschichte und Englisch Lücken hat?“, fragt Löwe. Weil den Wiederholern scheinbar alles bekannt sei, nähmen sie den Unterricht nicht ernst, das führe oft zu einer Verschlechterung, typischerweise im Jahr nach der Wiederholung. Das Sitzenbleiben koste den Steuerzahler und die betroffenen Familien zudem viel Geld.

„Gute Noten verleiten Eltern und Schüler zu falscher Zufriedenheit, schlechte Noten zerstören ein positives Selbstwertgefühl und produzieren damit erst Versager“, sagt Löwe. „Schule sollte das fördern, was in den Kindern steckt, und nicht aussortieren, was nicht ins Schema passt.“ Der BEV fordert deshalb einen guten Unterricht, der individuell fördert, und ein begabungsgerechtes System der Leistungsbewertung. Solange dies nicht gegeben ist, müssen Eltern Zeugnisnoten kritisch hinterfragen.

Eltern, die mit dem Zeugnis nicht zufrieden sind, rät der BEV, zunächst trotzdem die Leistung des vergangenen Schuljahres zu würdigen, denn jedes Kind hat viel Mühe auf die Schule verwendet, auch wenn das Zeugnis nicht glänzend ausgefallen ist. Nach ein paar Tagen Abstand solle dann eine ruhige und sachliche Analyse des Zeugnisses und des Lernverhaltens erfolgen. Ein Vertrag zwischen Kind und Eltern, wie es die Schwächen im nächsten Schuljahr verbessern kann, erspart so manche Diskussion und ist verbindlicher als bloße gute Vorsätze. „Schülerinnen und Schüler haben oft selbst die besten Vorschläge, wie sie ihre Leistungen verbessern können und was Sie dafür benötigen, dies sollte unbedingt mit aufgenommen werden“, schließt Löwe.

Der Bayerische Elternverband wünscht der ganzen Schulfamilie schöne und erholsame Sommerferien!


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Der Bayerische Elternverband steht allen Eltern in Bayern offen. Er ist gemeinnützig und an keine Konfession, politische Partei oder Schulart gebunden.

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